Systemtemperatur

Um die Qualität des Empfangssystems einschätzen zu können, kann man sich verschiedener Methoden bedienen. Dabei wird immer eine Siganlquelle mit bekannten Strahlungseigenschaften vorausgesetzt. Hilfreich wäre zum Beispiel ein Rauschgenerator der auf dem gewünschten Frequenzband ein gleichförmiges Rauschen erzeugt, dass dann an der Antenne, vielleicht am Feed, eingespeist wird. Allerdings sind kalibrierbare Rauschquellen relativ teuer.  Außerdem wird die wirksame Antennenapertur damit nicht berücksichtigt. 

 

Eine andere Möglichkeit besteht darin die gesamte Empfangsanlage (Antenne, LNA, Kabel, Empfänger und Auswerteelektronik) mittels einer bekannten, natürlichen Rauschquelle zu überprüfen. Zu diesem Zweck wird die Antenne auf eine kalte Stelle am Himmel ausgerichtet (z. B. Sternbild Löwe). Jetzt wird das Ausgangssignal in der Hauptsache bestimmt durch das Eigenrauschen von LNA und Empfänger. Dazu kommt noch die 2,7 Kelvin Hintergrundstrahlung, Strahlung von nicht aufgelösten Quellen und der Strahlungsbeitrag der irdischen Atmosphäre. Der Gesamtbeitrag dieser Quellen ist jedoch deutlich kleiner als die so genannte Rauschtemperatur des Empfangssystems. 

 

Nun benötigen wir noch den genauen Gewinn der Empfangsantenne über dem isotropen Strahler. Der wird in der Regel vom Hersteller angegeben und hat einen Bezug zur Empfangsfrequenz. 

 

Als nächstes muss das Ausgangssignal für den kalten Himmel in eine greifbare Größe gebracht werden. Dazu wird das Ausgangssignal gemessen und so lange mittels einer Eichleitung justiert bis eine bestimmte Signaländerung genau 1 dB entspricht.  

 

Nun wird die Anlage auf die Position einer bekannten Radioquelle gedreht. Der Strahlungsfluß dieser Quelle lässt die Antennentemperatur etwas ansteigen. Das gibt auch das Systemausgangssignal wieder. Der dort entstandene Spannungsanstieg ist äquivalent zum Strahlungfluß der Quelle, also zu deren Temperatur. Setzt man nun noch den Antennengewinn mit dem gemessenen Strahlungsfluß ins Verhältnis, erhält man die Systemtemperatur.  

 

Es besteht auch die Möglichkeit, einen Absorber der auf Umgebungstemperatur (z. B. 20° Celsius = 293 Kelvin) ist und die gesamte Antennenkeule ausfüllt, als "heiße" Strahlungsquelle zu benutzen. Größere Laubbäume erscheinen dazu geeignet zu sein. Glatte Wände aus Beton, Stahl oder beschichtetem Glas dagegen könnten unerwünschte Strahlung in die Antenne reflektieren.  

 

Die Sonne kann auch als Quelle für Radiostrahlung verwendet werden. Allerdings ist diese Strahlungsquelle laufenden Veränderungen unterworfen, so dass eine Messung oder gar eine Eichung des Empfangssystems mit der Sonne nicht empfehlenswert ist. 

 

Einige Versuche mit der Sonnenstrahlung bei 1,420 GHz und bei 11,111 GHz haben gezeigt, dass eine sehr grobe Ermittlung der Empfangsparameter möglich ist, wenn der aktuell an dem Tag der eigenen Messung im Internet veröffentlichte Solar-Flux-Wert für die betreffende Radiofrequenz als Referenz benutzt wird. Durch eine On/Off-Source Messung wird ein Maximalwert der Signalintensität ermittelt, der dann über eine in die Signalleitung eingesetzte Eichleitung vermessen wird. Rechnerisch wird daraus die Temperatur der Signalquelle (Sonne) ermittelt und mit der über den Solar-Flux-Wert errechneten Sonnentemperatur verglichen. 

 

Bei diversen Versuchen wurden vom Autor mit den vorhandenen Systemen ein Wert um die 6,5 dB als Maximalwert bei 11,111 GHz und ein Maximalwert um 8 dB bei 1,420 GHz gemessen. Diese Werte wurden ermittelt als die Sonne am geografischen Ort der Messung im wahren Mittag stand. Je nach der Winkeldistanz zum Kulminationspunkt der Sonne am Mittag ist vor allem auf der hohen Frequenz 11,111 GHz mit deutlich geringeren Maximalwerten (bis zu 0,5 dB) zu rechnen.  

 

Die so ermittelten Systemtemperaturen für die beiden Empfangssysteme liegen zwischen 130°K und 170°K. 

 

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Nachtrag Februar 2016:

Inzwischen wurde eine Kalkulationstabelle entwickelt, in die bekannte und ermittelte Systemparameter eingetragen werden können. Über einen Umweg werden dabei die einzelnen Variablen auf Plausibilität geprüft. Dadurch konnte sehr schnell erkannt werden, dass die Effektivität beider Systeme nicht wirklich gut zu sein scheint. Darauf hin wurde das alte SAT-TV Speise-System gegen ein neues, modernes Feed ausgewechselt. Der Erfolg bezüglich der System-Empfindlichkeit war daraufhin sofort nachweisbar.


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Nachtrag 2023:  

Im Frühjahr wurde der 3,7m Reflektor mit einem modifizierten SAT-LNB (Goobay) für das KU-Band (10-12 GHz) ausgerüstet. SAT-LNB Modifikation


Bei diesen Versuchen wurden sowohl die  Sonne als auch der Erdmond zur Ermittlung der Systemgüte herangezogen. Die Sonne wurde dabei mit gut 16 dB über dem Rauschen erkannt. Der Mond konnte bei den diversen Versuchen jeweils mit einer Signalzunahme gegenüber dem kalten Himmel zwischen 2,2 dB und 2,5 dB detektiert werden. Die Umgebung (Bäume) wurden mit einer Signalzunahme von durchschnittlich 4,7 dB detektiert. (siehe: SONNE) Mit der sogenannten Hot/Cold-Methode lässt sich daraus die Systemtemperatur grob ableiten. 


Für die Ermittlung der Systemtemperatur wurden bewusst verschiedene Methoden herangezogen. Als Mittelwert aus diesen Berechnungen ergab sich eine Systemtemperatur für das jetzt bestehende System von rund 160 Kelvin. Weiterhin lassen sich mit diesen Werten auch die Apertureffizienz mit ca. 70% sowie der Rauschfaktor (NF) für das LNB mit gut 0,9 und der Systemrauschfaktor mit rund 1,8 dB ermitteln.